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15Jan2005

City : Göttingen
Venue : Paulinerkirche
Address : Papendiek 14


Programm

F. Mendelssohn- Bartholdy (1809 – 1847)

Ouvertüre zu “Ruy Blas” op. 95

Leitung: Christian Kirscht


C. Saint-Saëns (1835 – 1921)

Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 A-moll op. 33

Allegro non troppo – Allegretto con moto – Allegro non troppo

Solist: Leonard Kirscht
Leitung: Christian Kirscht

-Pause-


J. Sibelius (1865 – 1957)

„Finlandia” – Symphonische Dichtung op. 26

Leitung: Lothar Steinert


Im März 1839 komponierte Felix Mendelssohn-Bartholdy in nur wenigen Tagen die Ouvertüre zu Victor Hugos Schauspiel “Ruy Blas”. Das Hugo`sche Drama behandelt ein Komplott am spanischen Hof gegen Ende des 17. Jahrhunderts mit all den üblichen Versatzstücken wie Liebe, Intrige, Tod und Teufel.

Die Komposition ist ein Auftrag des Leipziger “Theater-Pensionsfonds” für eine bevorstehende Aufführung des Schauspiels. Mendelssohn liebte zwar das Stück nicht, nannte es in einem Brief an die Mutter sogar “infam” und “unter jeder Würde”, dennoch mochte ihn das modische Drama insofern gereizt haben, als er hier zeigen konnte, wie sehr er in der Lage sei, sich auch in einen, ihn wenig berührenden Stoff zu vesenken. Aber im Gegensatz zu den meisten seiner sonstigen Ouvertüren, die nicht an ein Bühnengeschehen gebunden, sondern als selbständige Orchesterwerke, sogenannte “Konzertouvertüren”, entstanden waren – heute würden wir diese Musikgattung eventuell unter der Rubrik `Sinfonisches Gedicht´ einordnen -, galt es hier, einen vorgegebenen Stoff auszudeuten. Mit welcher Kunstfertigkeit Mendelssohn sein Handwerk betrieb und musikalische Bilder malen, Reiseerlebnisse wiedergeben und literarische Vorlagen umsetzen konnte, hatte er u. a. in seinen frühen Konzertouvertüren bereits gezeigt, denken wir nur an “Die Hebriden” (1829/30), “Meeresstille und glückliche Fahrt” oder “Das Märchen von der schönen Melusine” (1833). Nun wollte er einen anderen Weg einschlagen und das literarische Sujet kaum oder gar nicht beachten. Er weigerte sich, dem Inhalt des Schauspiels direkt zu folgen. Dem Wortprunk in Hugos Bühnenwerk begegnete er in einer sehr persönlichen Weise: er schrieb ein reines, von programmatischen Zügen freies Orchesterwerk, eine äußerst brillante Komposition, die ihm – wie er später eingestand – sogar “unsäglichen Spas” bereitet habe. Das Stück macht wirklichen Effekt, hauptsächlich deshalb, weil es auf einem Kunstgriff beruht: Mendelssohn beginnt mit einem viertaktigen Motto (Lento) der Bläser, gefolgt von einer schnellen, wie gehetzt wirkenden Streicherfigur (Allegro molto) von acht Takten. Dasselbe wiederholt sich um eine Quarte versetzt. Erst dann beginnt die eigentliche Exposition. Am Höhepunkt des Satzes und als Einschub vor Beginn der Reprise erklingt erneut das “Lento”-Motto, bis schließlich alles einem höchst virtuos gesteigerten Schluß zusteuert.

Beides, die reine Schönheit der musikalischen Gestalt und die Überwindung formaler Konventionen, findet man exemplarisch im ersten Cellokonzert op. 33 von Camille Saint-Saëns. Er schrieb es für Auguste Tolbecque, der es am 19. Januar 1873 in der renommierten Société des Concerts du Conservatoire uraufführte. Das Werk verbindet auf unmittelbar einleuchtende Weise die übliche dreisätzige Konzertform mit der Liszt’schen Idee der komplexen Einsätzigkeit. Es gibt keine Unterbrechungen zwischen abgeschlossenen Sätzen, vielmehr sind alle kontrastierenden Teile durch Überleitungen miteinander verbunden.

Im Großen erkennt man drei Teile. Der mittlere hebt sich durch die Instrumentierung ohne Blechbläser und mit Dämpfern für die Streicher und den Charakter deutlich von den anderen ab. Er ist aber kein langsames Stück, sondern ein Menuett. Die wundervoll elegante Cello-Melodie ist eigentlich nur ein Kontrapunkt zum Thema in den Violinen. Anstelle eines langsamen Satzes gibt es nur einige kurze ruhigere Episoden im ersten und vor allem im dritten Hauptteil. Der erste Teil besteht aus einer Exposition mit mehreren verschiedenen Motiven, die in der anschließenden Durchführung kunstvoll miteinander kombiniert werden. Die Reprise spart Saint-Saëns bis zum dritten Teil, nach den Menuett-Satz, auf. Sie wird allerdings nur angedeutet; nach kurzer Zeit führt Saint-Saëns ein neues, etwas schwermütiges Thema ein. Dadurch erhält der dritte Teil eine doppelte Funktion, er ist sowohl die Reprise des ersten – am Ende erscheinen auch die anderen Themen kurz wieder – als auch ein Finale, in dem die Kontraste und die Virtuosität effektvoll gesteigert werden.

Die Tondichtung “Finlandia” von Jean Sibelius entstand im Zuge der finnischen Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber Russland. 1899 fand im schwedischen Theater von Helsinki eine Pressefeier statt, zu der Sibelius die Musik komponierte. Das Schlussstück “Finnland erwacht” wurde unter dem Titel “Finlandia” weltberühmt und avancierte zur inoffiziellen Nationalhymne. Der Komponist lässt in diesem wirkungsvollen Werk seinen patriotischen Gefühlen freien Lauf. Wuchtige, akkordisch geprägte Passagen wechseln sich mit sanften, melodisch orientierten Themen ab. Den Angriffsgeist der Musik verraten schmetternde Fanfarenklänge, die in einem fulminanten, hymnischen Finale enden.


Der Solist dieses Konzerts ist Leonard Kirscht. Er erhält seit dem 6. Lebensjahr Cellounterricht, zuerst bei Ann Sabin, dann bei Joachim Mittelbach, Solocellist des GSO. Leonard Kirscht ist seit 1999 Mitglied im JSO und leistet nach bestandenem Abitur im Jahr 2004 derzeit seinen Zivildienst ab.